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Regionalmarketing: Regionalwährungen als Marketinginstrument

Abseits von geldtheoretischen und volkswirtschaftlichen Betrachtungsweisen ist es sinnvoll, Regionalwährungen unter dem Aspekt des Marketings zu beleuchten.

Innerregionales Marketing

Kundenbindung

Die regionale Begrenztheit einer Regionalwährung bindet diese an ihre Heimatregion. Die in einer Regionalwährung gebundene Kaufkraft kann nicht aus der Region abfließen. Kunden, die über Regionalwährung verfügen, können mit dieser nur innerhalb der Region einkaufen.

Während Euro-Kaufkraft jederzeit die Region verlassen kann, ist dies für Regio-Kaufkraft nicht möglich. Vergleichbar ist dieser Effekt mit Gutscheinen: Viele Unternehmen nutzen Gutscheine, welche an Kunden verkauft oder verschenkt werden, als Werbemittel. Da diese Gutscheine nur bei dem Unternehmen wieder einlösbar sind, kann das Unternehmen sicher sein, dass die in den Gutscheinen gebundene Kaufkraft zu eigenem Umsatz wird.

Regionalwährungen sind aus diesem Blickwinkel ein Gutschein, der nicht nur von einem einzelnen Unternehmen, sondern von einer (regionalen) Kooperation von Unternehmen genutzt wird. Die in der Regionalwährung gebundene Kaufkraft kann somit nur jenen Unternehmen zufließen, die die Regionalwährung als Zahlungsmittel akzeptieren. Nur bei diesen Unternehmen können Kunden die Regionalwährung einsetzen – und werden somit an die kooperierenden Unternehmen gebunden.

Gegenüber "herkömmlichen Gutscheinen" erweitert eine Regionalwährung auch dem Kunden das Einsatzfeld: Während ein Unternehmens-Gutschein nur bei einem einzelnen Unternehmen einlösbar ist, kann eine Regionalwährung bei einer Vielzahl von Unternehmen eingelöst werden. Dieser Aspekt nutzt letztlich auch dem Kunden: Da jeder Kunde als Wirtschaftsteilnehmer (Prosument) darauf angewiesen ist, Einnahmen zu erzielen, nützt die regionale Gebundenheit der Kaufkraft auch ihm.

Werbeträger

Wird eine regionale Währung in Form von Papier-Scheinen etabliert, so bietet dies Werbemöglichkeiten, wie sie bislang kein anderes Medium kennt. Während die Vorderseite eines Regionalwährungsscheines alle Informationen über das Zahlungsmittel als solches trägt (Wertigkeit, Bezeichnung, Sicherheitsmerkmale), kann die Rückseite des Scheines zu Werbezwecken genutzt werden.
Für den Betreiber des Regionalwährungssystems bietet sich hier eine Finanzierungsmöglichkeit, für die Unternehmer bietet sich eine Werbefläche mit folgenden Vorteilen:

  • Regionalwährungsscheine werden nur innerhalb einer Region benutzt, erreichen also eine regional spezifische Zielgruppe
  • da sie für ihren Besitzer einen Kauf-Wert darstellen, werden Regionalwährungsscheine im Vergleich zu anderen Werbeträgern garantiert nicht weggeworfen
  • die Werbung wird über die Zahlungsmittelfunktionalität von Nutzer zu Nutzer weitergereicht, die Zielgruppe verbreitet den Reklameträger also aus eigenem Antrieb, was näher an Mund-zu-Mund-Propaganda ist, als die meisten anderen gewerblich nutzbaren Werbeformen
  • werbende Unternehmer erreichen eine Zielgruppe, die garantiert über Kaufkraft verfügt: Sie hält diese Kaufkraft in Form des Regionalwährungsscheines in Händen, wenn der Schein (und damit die Werbung) sie erreicht



Beispiel: Vorder- und Rückseite eines "Lausitzer" (Muster)

Da eine Regionalwährung die regionale Wirtschaft stützt, ist sie ein interessanter Imageträger für regional verankerte Unternehmen. Diese können mit der Werbung auf der Rückseite des regionalen Zahlungsmittels signalisieren: "Wir setzen uns für unsere Region ein."

Abseits von gewerblichen Anzeigen ist es möglich, die Regionalwährungsgutscheine beispielsweise mit Veranstaltungshinweisen oder Arbeiten regionaler Künstler zu versehen, wie dies beim Chiemgauer oder beim Berliner bereits getan wird. Für die Regionalwährungsinitiativen bietet die Werbefläche zudem die Möglichkeit, die Funktionsweise des eigenen Währungssystems direkt auf den Scheinen zu erläutern.

Eine regionale Währung hilft, die Identität von Bevölkerung und Wirtschaft mit dem eigenen Lebens- und Wirtschaftsraum zu steigern. Die Namensgebung der Regionalwährung als auch ihre Nutzung als Werbeträger hilft, die regionale Identität zu stärken (oder sie überhaupt erst zu schaffen), das regionale Selbstbewusstsein durch Bewusstmachung der regionalen Vorzüge und Leistungsfähigkeit zu stärken als auch das regionale Potential zu verdeutlichen. In diesem Sinne wirken Regionalwährungen identitätsstiftend und stärken damit unter Umständen den sozialen Zusammenhalt der Bevölkerung in der jeweiligen Region.

Überregionales Marketing

Seit den 80er Jahren ist Regionalmarketing ein gängiges Instrument zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Region. Im Standortwettbewerb zählen immer weniger einzelne Standorte, weshalb eine Bündelung der Kräfte gefragt ist. Wirtschaftliches Ziel des Regionalmarketings ist es meist, Investoren und Touristen auf die Region aufmerksam zu machen.

Mit Hilfe einer Regionalwährung vernetzen sich die Unternehmen einer Region intensiver. Wertschöpfungsketten in der Region werden gestärkt bzw. in die Region verlagert, die Wirtschaftskraft nimmt zu. Durch das Zusammenrücken der Unternehmen können neue Kooperationen entstehen, die bislang unrealistische Projekte realisierbar machen. Auf dieser Basis fällt es leichter, eine gemeinsame Strategie zu finden, nach welcher die Region nach außen dargestellt wird und zugleich innerregionale Prozesse anzustoßen, die die Region interessanter werden lassen (wie z.B. Ausbau der Infrastruktur, Förderung regionalspezifischer Wirtschaftszweige, Ausbau der kulturellen Besonderheiten).

Gelingt es, mittels einer Regionalwährung das regionale Selbstbewusstsein zu stärken, so erhöht sich zugleich die Glaubwürdigkeit des nach außen vermittelten Bildes der Region.

Fazit

Regionalwährungen bieten sich als neues Marketinginstrument an. Durch die Verknüpfung von Zahlungsmittelfunktionalität und Marketingfunktionalität entsteht ein völlig neues Marketingmedium. Nach innen wirken sie zielgruppengenau und vermeiden Streuverluste. Nach außen stärken sie durch ihre identifikationsstiftende Wirkung und die zu erwartenden positiven wirtschaftlichen Effekte die Position der gesamten Region.

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Fußnoten

Norbert Rost, www.regionales-wirtschaften.de, letzte Aktualisierung: 02.11.2005